Von Verab­schie­dungen und neuen, jungen Wilden

Vor einigen Tagen hat der Clothes-Sharing-Pionier Relenda – verantwortlich für kilenda (Kindermode) und stay awhile (Frauenmode) – bekannt gegeben, dass die Miet-Angebote eingestellt werden. Zu schwer hat die Krise das Unternehmen getroffen.

Wie einige von euch vielleicht wissen, habe ich das stay-awhile-Projekt fast 1 ½ Jahre mitentwickelt, bis zum April diesen Jahres. Darum erreichen auch mich jetzt Mails, in denen ich gefragt werde: „Liegt es am Business-Modell?“. Aufmerksamen Beobachter*innen ist dazu vielleicht aufgefallen, das auch RE-NT aus Berlin keine Kleidung mehr verleiht.
Ich möchte optimistisch bleiben und für Geduld plädieren. Ihr seid ja vielleicht auch Kleiderei-Kundinnen und bemerkt in diesen unvorhersehbaren Zeiten erst recht, wie toll Leihen ist?! Denn wer weiß schon, was wir wirklich nächste Woche brauchen? Was man jedoch nicht bezweifeln kann, ist, dass die aktuelle Zeit denkbar schlecht für Innovationen ist. Und so wundert es wenig, dass junge Unternehmen mit frischen Ideen schnell in die Knie gezwungen werden. Ein Grund dafür ist mit Sicherheit, dass es zu wenig Orientierung gibt. Es fehlt an Unternehmen, auf die man sich beziehen kann: die Vergleichswerte haben, zeigen können, wie man erfolgreich in Krisen agiert, und von denen man lernen kann. Und so bleibt nur, sich auf das eigene Gespür zu verlassen und aus eigener Kraft Lösungen zu finden.

“The cracks are, where the light comes in” – ist ein bezauberndes Sprichwort, was darauf hindeutet, dass immer, wenn etwas kaputt geht, auch etwas Neues kommt. Deshalb möchte ich euch jetzt ein paar nigelnagelneue Beispiele vorstellen, für die ihr euch direkt mal auf die Listen setzen könnt.

Das Label SILFIR hat sich auf die Produktion von zirkulären Anzügen konzentriert. Jetzt kommt Hannah, der schlaue Kopf hinter SILFIR, mit einem neuen Streich: Die App Don’t get Wasted! soll eine effektive Nutzung und die Umverteilung von bereits gekaufter Kleidung unter Freund*innen, Nachbar*innen und der weiteren Community ermöglichen. Ab jetzt kann man sich pre-registrieren und wir dürfen gespannt sein, wie genau die App funktionieren wird. Was wir jetzt schon sehen können: Zur App gibt es eine gleichnamige Interview-Reihe mit spannenden Persönlichkeiten und Changemakern. Eine*r der ersten ist Anselm Bresgott, Schauspieler, Musiker und Aktivist. Und hier könnt ihr euch für die App pre-registrieren.

Anselm wäre sicher auch ein passendes Testimonial für dieses neue Miet-Model: P-O-O-L möchte sich auf die Vermietung von High-End-Herrenmode spezialisieren. Das Start-up sitzt in Berlin-Kreuzberg und startet mit fünf neuen Mitgliedern pro Woche – im September soll es richtig losgehen. Zu leihen gibt es Jeans von Nudie, Anzüge von Hien Le und viele andere tolle Sachen. Anmelden könnt ihr euch hier.

Außerdem geben diese drei Start-ups gerade richtig Gas, um euch P2P-Plattformen aufzubauen, auf denen ihr eure Kleidung verleihen und leihen könnt: Studio Zero, Klyda und NRNY.

Ich erwähnte ja vorhin schon die mangelnden Benchmarks und Leitfäden bei innovativen Geschäftsmodellen. Dem wollen die Gründerinnen Lisa Jaspers und Naomi Ryland etwas entgegensetzen. Mit ihrem Buch Starting a Revolution treten die beiden für das Ende der Arbeitswelt, wie wir sie kennen, ein. Sie sind selbst Gründerinnen und haben für ihr Buch andere Gründerinnen interviewt. Daraus entstand eine Sammlung an Ratschlägen, die zum Aufbau großartiger Unternehmen beitragen sollen, aber auch die Herausforderungen unserer Zeit widerspiegeln: Klimawandel, tief gespaltene Gesellschaften, wachsende Ungleichheit und desillusionierte und ausgebrannte Arbeitskräfte. Das Buch gibt es seit letztem Jahr auf Englisch und erscheint jetzt auch in deutscher Sprache. Ein perfektes Timing, würde ich sagen. Hier könnt ihr es bestellen.

Und dann gibt es da natürlich noch das Leben im Allgemeinen und Speziellen, das tagtäglich privat – aber auch beruflich – auf uns einprasselt. Die Demos in Berlin zum Beispiel lösen gerade bei vielen Verunsicherung und Sorge aus. Aber wie geht man damit um? Wie bleibt man stark? Marcus Werner von Viertel Vor hat sich dazu ein paar gute Gedanken gemacht.

Für einige ist äußere Ordnung auch die Antwort auf innerliche Überforderung und so stieg die Sehnsucht nach Minimalismus während des Lockdowns weiter an. Es wurde aussortiert, was die Kleiderschränke hergaben. Damit wurde aber ein Problem, was schon seit langem existiert, erst so richtig sichtbar: Die Kleidungsstücke, die die meisten Menschen horten, sind keine Wertstoffe, sondern Müll. Müll, der im System der Entsorgung das Gleichgewicht stört. In der neuesten Folge von Kleiderei Radio geht es genau um das Thema. Und auch beim Deutschlandfunk gibt es einen interessanten Artikel dazu.

Und wir wären ja nicht die Kleidi-Girls, wenn wir nicht auch direkt eine Lösung für euch hätten: nämlich den Kleiderei SWAP IT! Dort könnt ihr die Kleidungsstücke, die ihr nicht mehr haben wollt, hinbringen und gegen Neue tauschen. Ist easy und macht super Spaß! Hier entlang zum Event.

Damit entlasse ich euch in den restlichen Sonntag und sage: Lasst euch inspirieren und niemals entmutigen!
All will be good <3

xxx
Thekla