Es ist 2022 und das Mode-Karussell beginnt sich zu drehen!

Es ist 2022 und das Mode-Karussell beginnt sich zu drehen!

Freunde, ich wünsche euch von ganzem Herzen ein Frohes Neues Jahr! Was uns 2022 erwartet kann gerade niemand sagen und so schauen die Einen hoffnungsvoll, die Anderen resigniert auf die kommenden zwölf Monate. Wie schnell wird sich das Karussell drehen, bleibt die angezogene Handbremse, wird es wieder ein virtuelles Jahr? 

Fest steht schon einmal, dass die Frankfurt Fashion Week ihren fulminant angekündigten Start für diesen Januar minimal und hybrid feiern muss – ohne Messen, Schauen oder großes Live-Publikum. Ein Stimmungskiller in der Branche – lebt die Mode doch von Begegnungen, Erlebnissen und ja, auch vom Sehen und Gesehen werden. Für alle, die in Frankfurt oder Umgebung wohnen, gibt es aber ein paar kleine, feine Gelegenheiten zum Tête-à-Tête, beispielsweise mit dem AAAREA Festival zur Frankfurt Fashion Week und auch online könnt ihr euch einklinken. Zum Programm geht’s hier entlang

Diesen schleppenden Start des Jahres nutzen wir doch einmal, um uns auf den neuesten Stand zu bringen: Was hält die nachhaltige (Mode)Welt bereit und was sind die Pläne der Labels? 

Beginnen wir mit Resonance, ein Mode-Konglomerat aus New York, das das feinste, was die Innovation Hubs zu bieten haben, kombiniert. Die Kollektionen werden nicht mehr im Voraus produziert (kein Überhang mehr!), auch die Stoffe werden nicht mehr komplett bedruckt, sondern nur die einzelnen Schnittteile via Digitaldruck (kein Verschnitt!), alles wird mit einer Blockchain transparent nachvollziehbar gemacht (Lieferkettengesetz!) und es wird lokal in New York produziert (Kurze Transportwege!). Ähnlich macht es auch R-1897, ein Label, das ihr vielleicht schon aus unseren Kleiderei-Stores kennt. Alles wird lokal in Niedersachsen produziert. Das Konzept (g)local ist auch eines der Trendwörter, gerade im Zusammenhang mit den Folgen der Pandemie, die viele globale Lieferketten unterbrochen und ihre Fragilität deutlich gemacht haben. Nicht nur Resonance und R-1897 holen die Produktion zurück, auch ein recht überraschender Player hat ähnliche Pläne für Deutschland: C&A! Die Testbetriebe mit Näherei und Wäscherei in Mönchengladbach haben Ende 2021 begonnen. 100 Mitarbeiter*innen wurden zum Start in der Fabrik tätig, die mit hohem Digitalisierungsgrad in der Fertigung, Robotik, Automatisierung und hochtechnologisierten Maschinen ausgestattet ist. Die ersten Modelle kommen schon in wenigen Wochen auf den Markt.

(G)local bedeutet sinngemäß eine sinnvolle Kombination aus globaler und lokaler Produktion. Im globalen Süden ist vor allem die Produktion von Jeans ein Problem, da für die Veredlung zum immer noch ach so coolem “Used-Look” Sandstrahler und Chemikalien eingesetzt werden, die sowohl für die Textilarbeiter*innen als auch für die Umwelt in Form von Wasserverschmutzung, Risiken bilden. Die Produktion lokal und mit modernster Technik aufzubauen ist sinnvoll. Entscheidend ist auch hier nur wieder, dass die Unternehmen nicht einfach aus den Produktionsstätten im globalen Süden abwandern, Verträge brechen und Elend hinterlassen, sondern verantwortungsvolle Strategien für den Wandel aufsetzen. 

Eine gebrauchte Gucci-Tasche zum halben Preis kaufen? Was Besitzer*innen einst niemals zugegeben hätten, ist heute fast ein gesellschaftliches Statement. Der Kauf von Kleidung, Taschen und Schuhen von Luxusmarken auf Secondhand-Plattformen steht nicht nur für ressourcenschonendes Konsumverhalten, sondern auch für das Geschick, den Wert in etwas Altem zu erkennen. Welche Unternehmen jetzt ins Re-Sale Geschäft einsteigen lest ihr hier: Und noch mehr Musik in unseren Ohren ist es ja, wenn Mode-Labels nicht nur gebrauchte Produkte weiterverkaufen, sondern direkt mit dem Kreislauf beginnen, in dem sie ihre Kollektionen zum Verleih anbieten. Da ist es besonders entscheidend, wenn weltberühmte Modehäuser vorangehen, so wie zuletzt Jean Paul Gaultier und Vivienne Westwood. Das New Kid ist Burberry. Der Klassiker unter den Klassikern verleiht seine Kollektion mit dem britischen Peer-to-Peer-Rental-Service My Wardrobe HQ, bei dem Burberry eine der am häufigsten nachgefragten Marken ist. Burberry-Stücke, wie den legendären Trenchcoat zu mieten ist vorerst nur in UK möglich, die Vintage-Stücke zu kaufen schon europaweit. „Unsere Partnerschaft mit My Wardrobe HQ ergänzt unsere umfassendere Strategie, bis 2040 klimapositiv zu werden und die Prinzipien einer Kreislaufwirtschaft für Luxus zu unterstützen“, sagt Pam Batty, Burberry VP of Corporate Responsibility. „Dazu gehören der Ausbau der Wiederverwendungs-, Reparatur-, Spenden- und Recyclingwege sowie die Entwicklung neuer Partnerschaften und Neubewertungslösungen.“ Die ganze Geschichte und viele andere spannende Fakten zum Thema Modemieten findet ihr hier

Unsere Kleiderei-Herzen schlagen höher, bei all diesen Nachrichten, die zeigen, dass das alte, lineare Modell von kaufen, tragen, wegwerfen immer mehr aus der Mode kommt. Oder um es mit den Worten von Jean Paul Gaultier zu sagen: “Es ist eine wunderbare Sache, alten Kleidern neues Leben einzuhauchen und sie wieder zu tragen. Was könnte in dieser Zeit der Krisen und Verwirrung besser sein? Es gibt zu viele Kleider und nicht genug Leute, um sie zu tragen.“

Und Freunde, jetzt kommt das Beste: ab Mittwoch könnt ihr in Köln wieder im gewohnten Kleiderei-Space leihen! Die Umbauarbeiten sind (fast) fertig und wir ziehen zurück in die Venloer Straße 459. Wir können es kaum erwarten! Dies groß zu feiern lässt noch etwas auf sich warten, aber ein paar kleine, feine Aktionen haben wir uns trotzdem für euch ausgedacht. Seid gespannt!

Ansonsten bleibt mir nur, euch die tolle neue Folge vom Kleiderei Radio ans Herz zu legen, denn dieses Mal ist die freie Journalistin Luisa Thomé bei Anna und Amelie zu Gast. Luisa konzentriert sich in ihrem Schreiben auf soziale Ungleichheit, Klassismus und Feminismus und die drei debattieren über die Frage, wer sich Nachhaltigkeit überhaupt leisten kann und auf wessen Rücken die Debatte rund um faire Mode ausgetragen wird. 

Damit verabschiede ich mich und hoffe, ich konnte euch ein wenig inspirieren. Vielleicht hält 2022 ja wirklich Großes für uns bereit. 

Wir werden es sehen und hier lesen. 

xxx

Thekla