Es ist April – und damit Fashion-Revolution-Zeit!

Am Morgen des 24. April 2013 stritt eine Gruppe Arbeiterinnen und Arbeiter mit ihren Vorgesetzten im Außenbereich von Rana Plaza, einem Gewerbegebäude, in dem gleich mehrere Textilfabriken ihren Platz hatten. (…) Die Menschen waren der Meinung, das Gebäude sei unsicher. (…)
Die Antwort: Alle, die das Gebäude nicht sofort wieder betreten würden, bekämen keinen Lohn.
Eine Stunde später brachen die acht Stockwerke in sich zusammen. Die illegal errichteten, obersten Etagen wurden von riesigen Generatoren zertrümmert, die dort platziert worden waren, um das Gebäude trotz der häufigen Stromausfälle am Laufen zu halten. Über tausend Personen fielen durch die Böden, in denen sich plötzlich Löcher auftaten, und wurden von einstürzenden Säulen oder heruntergefallenen Maschinen erschlagen.

So beschreibt Tansy E. Hoskins den Einsturz des Rana Plaza in Bangladesh in ihrem Buch Das Antikapitalistische Buch der Mode, das ich euch sehr ans Herz lege.

Während der Fashion Revolution Week, die dieses Jahr am 19.04. beginnt und unter dem Motto RIGHTS, RELATIONSHIPS AND REVOLUTION steht, finden weltweit zahlreiche Aktionen statt, mit denen Aktivist*innen auf die verheerenden Bedingungen in der Textilindustrie aufmerksam machen. Denn Fakt ist, die Wertschöpfung in der Textilindustrie beruht auf Ausbeutung und der Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes war nur ein Glied in der Kette von Katastrophen, die sich durch die Branche ziehen. 

Initiiert vom Kleiderei-Team in Köln findet am 23.04. von 16-18 Uhr eine deutschlandweite Fashion-Revolution-Demo statt. Alle Teilnehmer*innen sind über eine zweistündige Sondersendung von Kleiderei-Radio miteinander verbunden. Ganz egal, wo ihr seid, könnt ihr bei der ersten dezentralen Fashion-Revolution-Demo dabei sein und euch über einen Chat austauschen: Kopfhörer auf, Kleidung auf links und raus auf die Straße. Anna und Amelie versorgen euch mit Wortbeiträgen von Akteur*innen aus dem Fashion-Revolution-Netzwerk – wie bei einer Präsenzdemo – und motivierenden Songs zum Demo-Spaziergang. Ihr könnt natürlich auch vom Sofa aus dabei sein und in euren sozialen Netzwerken teilen.
Das Ganze findet in Kooperation mit dublab.de und dem IGLU im Rahmen des Kölner CityLeaks Festivals statt. 

In Hamburg wird es am 23. und 24.04. eine Installation in den Rathauspassagen geben: Ein riesiger Kleiderberg zeigt uns den Überkonsum im globalen Norden und wird mit Videos der Arbeitsbedingungen im globalen Süden in Kontext gesetzt. Dazu gibt es die Ausstellung „Ich mache Deine Kleidung! Die starken Frauen aus Südostasien“ von Femnet e.V. zu besichtigen: Eine Dokumentation persönlicher Lebenssituationen führender Gewerkschafter*innen aus Bangladesch und Kambodscha mit Informationen zur Rolle der Frauen*, zu ihren Arbeitsbedingungen und –rechten in der Textilproduktion.

Am Samstag findet außerdem noch ein deutschlandweites digitales Quiz statt. Mehr Infos dazu erhaltet ihr in den nächsten Tagen über unseren Instagram-Kanal

Bei Fashion Revolution findet ihr weitere Ideen, wir ihr euch beteiligen könnt und welche (digitalen) Events in anderen Städten wie z.B. Berlin oder Freiburg geplant sind.

Einen tolles Interview mit einer der Mitbegründerinnen von Fashion Revolution, Orsola de Castro, hat die SZ übrigens gerade geführt: Früher signalisierte ein geflicktes Kleidungsstück: ‘Ich kann mir nicht leisten, ein neues zu kaufen.‘. Heute signalisiert ein geflicktes Kleidungsstück: ‘Wir als Bewohner dieser Erde können es uns nicht leisten, diese Ressource zu verschwenden und wegzuwerfen.‘.” Das ganze Interview findet ihr hier

Das schmutzige Geschäft mit der Mode zeigt sich gerade wieder sehr deutlich in China. Wir haben im Sommer schon von den verheerenden Arbeits- und Lebensbedingungen der Uiguren in China berichtet. Mehr als eine Million von ihnen sollen in der chinesischen Provinz Xinjiang in Internierungslagern gefangen gehalten, misshandelt und Zwangsarbeit unterworfen werden. Das berichten mehrere wissenschaftliche Studien, Medien und Zeugenaussagen, die ersten seit 2017. Im globalen Norden findet diese Katastrophe langsam immer mehr Gehör, endlich. Nicht zuletzt weil einige große Konzerne indirekt mitverantwortlich sind. Wer in China produzieren lässt, könnte von der Zwangsarbeit profitieren.
2019 stellte sich raus, dass in der Region Xinjiang auch der Anbau von Baumwolle unter menschenunwürdigen Bedingungen angebaut wird, so dass sich etwa H&M mit Vorwürfen der Zwangsarbeit konfrontiert sah. Das Unternehmen hatte sich dazu anschließend auf der eigenen Website geäußert: Man sei zutiefst besorgt über Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Medien, die Vorwürfe von Zwangsarbeit und Diskriminierung von ethnoreligiösen Minderheiten aufwerfen.
Die SZ schreibt dazu: „In der Region Xinjiang, wo laut der Vereinten Nationen mehr als eine Million Menschen in Lagern interniert wurden, werden etwa 85 Prozent der chinesischen Baumwolle angebaut. Mehr als ein Fünftel der weltweiten Produktion.
In China möchte man von der Kritik nichts hören und boykottiert alle Firmen, die sich kritisch äußern. So wurden etwa in Einkaufszentren bereits Stores von H&M geschlossen, die H&M-App wurde aus dem chinesischen App-Store geworfen und chinesische Promi-Werbepartner distanzieren sich öffentlich von H&M.
Wir allerdings sind natürlich schon einmal froh darüber, dass endlich Licht in diese furchtbaren Verhältnisse kommt und nun hoffentlich noch mehr Konsequenzen in der Nachverfolgung von Lieferketten folgen. 

Zum guten Schluss habe ich noch zwei Listen- & Watch-Tipps für euch:

In einem diese Woche erschienenen Instagram-Video macht sich Journalistin Jana Braumüller vom Online-Magazin Fashion Changers auf die Suche nach Antworten auf die Frage Kreislauffähige Mode: Zukunft oder Utopie?. Dafür spricht sie mit verschiedenen Akteur*innen der Branche wie Christina Wille, der Gründerin von Loveco, den Wissenschaftlerinnen Jana Hack und Johanna Doerpinghaus von adelphi, Michel Haddad, Account-Manager beim Label Nudie-Jeans, sowie dem Gründer von Bleed Clothing, Michael Spitzbarth. Sehr sehenswert!

Der Future-Changers-Podcast geht in seiner neuen Staffel der Frage nach: Was hat KI mit dem Klima zu tun? In sechs Folgen spricht Moderatorin Anna Schunck mit Expert*innen über Einsatzbereiche in Energiewende, Wälder, Kreislaufwirtschaft, Landwirtschaft und Mobilität. Jeden zweiten Dienstag erscheint eine neue Podcast-Episode, los ging es am 30. März.

Ich wünsche euch noch einen tollen Sonntag und wir sehen & hören uns am 23./24.04. zur Fashion Revolution! 

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Thekla