Das Lieferkettengesetz kommt – ENDLICH!
Ihr Lieben,
wir können es kaum glauben, aber es passiert: Am Freitag letzter Woche haben sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) endlich auf ein Lieferkettengesetz geeinigt (oder sagen wir: sie HATTEN sich geeinigt – dazu weiter unten mehr)! Diejenigen von euch, die die Kleidi-News regelmäßig verfolgen, wissen, wie lange um das Lieferkettengesetz gekämpft wurde. Wie oft haben wir dazu aufgerufen Mails zu schicken, Petitionen zu unterschreiben, Posts bei Instagram zu teilen – bis die Fingerspitzen wund getippt waren. Und die Mühe hat sich gelohnt!
Allen voran stand vor allem eine Frau für diese Bewegung: Lisa Jaspers, Gründerin des Fair Fashion Labels Folkdays. Lisa startete die Kampagne #FairByLaw und damit auch eine Petition auf Change.org. Alle, für die das Thema noch neu ist, finden hier ein kleines Video, in dem Lisa Jaspers und Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) einfach und verständlich erklären, warum wir ein Lieferkettengesetz so dringend brauchen. Es geht nämlich nicht um Strafrecht, wie es von den Gegnern des Gesetzes – vor allem aus der Wirtschaft – oft dargestellt wird, sondern um zivilrechtliche Haftung. Was soviel bedeutet wie ein Recht das Klägers auf Schadensersatz – aber keine Haftstrafen für die Unternehmer*innen.
Am Freitag kam dann ENDLICH die Nachricht: Die Bundesregierung hat sich auf die Eckpunkte für das Lieferkettengesetz geeinigt. Wie Lisa Jaspers darauf reagierte, erzählt sie FluxFm in diesem Video.
Der Beifall hielt nicht lang an: Am Dienstag warf Greenpeace mit Scheinwerfern die Worte „Lieferkettengesetz“ und „Schwindel“ an das Bundeskanzleramt. Das Wirtschaftsministerium habe den Entwurf ausgehöhlt, kritisierte Greenpeace-Mitarbeiterin Viola Wohlgemuth. Dazu hier mehr.
Auch Lisa Jaspers kritisiert, dass die zivilrechtliche Haftung nicht in das Gesetz aufgenommen wurde. Unternehmen, die im globalen Süden von Unternehmen des globalen Nordens geschädigt werden, haben weiterhin kein Recht auf eine Schadensersatzklage. Es gibt lediglich Bußgelder, die verhängt werden könnten – aber wem kommen diese dann zu Gute? Die Regelung soll zunächst ab 2023 für Konzerne mit mehr als 3.000 Mitarbeitern verbindlich gelten, ab 2024 dann auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Das sind in Deutschland gerade mal 2.900 Unternehmen und schließt damit einen großen Teil der mittelständischen Unternehmen aus – für diese gilt weiterhin die Freiwilligkeit.
Nun gibt es seit Donnerstag, während dieser Text verfasst wurde, allerdings erneute Uneinigkeit zwischen Wirtschaft- und Arbeitsministerium. Obwohl sich im aktuellen Entwurf die Wirtschaftsverbände offenbar in den entscheidenden Punkten durchgesetzt haben, wirft das Wirtschaftsministerium dem Arbeitsministerium vor, sich beim Entwurf in einigen Punkten nicht an die Verabredungen gehalten zu haben.
Wir können also festhalten: Das Gesetz kommt und ist dringend notwendig – wie es konkret aussehen wird, ist aktuell noch unklar. Klar ist, es ist nicht so stark, wie es nötig wäre, um Arbeitskräfte vor Ausbeutung oder Wasservorräte vor Verschmutzung zu schützen. Es heißt also: weiter kämpfen!
(Das bedeutet für alle, die die Petition noch nicht unterschrieben haben: einmal schnell hier nachholen.)
Das müssen wir auch, denn es läuft noch viel zu viel schief in der Mode-Industrie – und das nicht nur im globalen Süden, sondern auch hier in Europa. Laut einem Bericht des Business Insider will H&M in Deutschland mindestens 800 Stellen streichen. Dabei soll es der Konzern vor allem auf Mitarbeiter*innen in Elternzeit abgesehen haben, da diese abends und samstags nicht zur verfügung stehen. Bei H&M sind das vor allem junge Mütter.
H&M hat auch ein riesiges Take-Back System, ihr habt vielleicht schon davon gehört: Bringe Kleidungsstücke die du nicht mehr magst hin und erhalte dafür einen Gutschein. Solche Systeme implementieren immer mehr große Ketten. Aber was passiert eigentlich mit diesen Kleidungsstücken? Ein großer Teil landet auf dem Kantamanto-Markt in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Wöchentlich werden rund 15 Millionen Kleidungsstücke dort abgeladen. “This is not your goldmine. This is our mess.” heißt der offene Brief von Liz Rickets, der auf atmos.earth erschien. Rickets rechnet dort mit dem kapitalistischen System ab, das nach wie vor auf Ausbeutung beruht und macht klar, dass diese Spenden-Systeme geschaffen wurden, weil es keine Alternative gibt. Fast-Fashion erfordert, dass wir unsere Kleidung nicht lieb gewinnen, sondern möglichst schnell weiter geben, um Neues kaufen zu können. Ein Selbstzweck, der wenig “circular” ist, denn für 40% der Kleidungsstücke ist Katamanto, bzw. das Meer die letzte Ruhestätte – mit erheblichen Folgen für Menschen und Umwelt.
Dass wir gar nicht so viel brauchen wir wir denken, dazu hat die wunderbare Maddie a.k.a. DariaDaria in ihrem Guide zur Capsule Wardrobe geschrieben, den ihr euch kostenlos auf der Website ihres Fair Fashion Labels Dariadeh herunterladen könnt. Capsule Wardrobe bedeutet, dass im Kleiderschrank nur absolute Lieblingsstücke hängen, die sich leicht untereinander kombinieren lassen. Das muss nicht immer nur die Jeans und das Shirt sein, jede*r kann sich seine Basics individuell zusammenstellen. Das wichtige: Sich immer fragen, ob das neue Stück wirklich dazu passt und kombinierbar ist. Und die perfekte Ergänzung? Stücke, die die Capsule Wardrobe aufpeppen, in der Kleiderei leihen 😉
Habt einen wunderschönen Sonntag und genießt die Sonne!
xxx Thekla